Braunschweig (Eig.Ber./epd). Soziales Engagement orientiert sich nicht an nationalen oder kulturellen Grenzen, wenn es aus christlicher Nächstenliebe erwächst. Darauf hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm (München), am 25. Februar im Braunschweiger Dom hingewiesen. „Humanität ist nicht deutsch, russisch, türkisch, israelisch, palästinensisch, syrisch oder chinesisch“, sagte er beim „Abend der Begegnung“ der Landeskirche Braunschweig: „Humanität ist universal.“
Aber sie sei alles andere als abstrakt. Der christliche Universalismus sei ein konkreter Universalismus. Er komme aus einer konkreten Gemeinschaftserfahrung und gehe gerade deswegen über die je eigenen Gemeinschaften hinaus.
Der Ratsvorsitzende warnte davor, die Schwachen, die schon immer hier zu Hause sind, gegen die Notleidenden auszuspielen, die von anderswoher kommen. Beide Gruppen verdienten unsere Solidarität. Christliche Grundorientierungen ernst zu nehmen, bedeute, Solidarität zu zeigen mit Menschen in Not, egal woher sie kommen, so Bedford-Strohm.
Der Ratsvorsitzende vertrat außerdem die Auffassung, dass Nächstenliebe nicht gleichbedeutend mit persönlicher Aufopferung sei. Es sei legitim, wenn soziales Engagement auch dem zugutekomme, der sich sozial engagiert. Niemand müsse ein schlechtes Gewissen haben, „wenn er oder sie auch an sich selbst denkt, wo er oder sie sich sozial engagiert“. Gegenseitigkeit im Sinne wechselseitiger Achtung und Verbundenheit könne vielmehr als eine zentrale Dimension des Liebesgebots gelten.
Die gesellschaftliche Entwicklung habe dazu geführt, dass Menschen nicht mehr nur starke, sondern auch schwache Beziehungen eingehen. Auch diese, so Bedford-Strohm, seien wertvoll, weil durch sie „Einstiegsmöglichkeiten in andere soziale Milieus“ entstehen. Zu ihnen zählten die sozialen Netzwerke. Als Ergänzung zu einem gelingenden Gemeinschaftsleben könne sogar der Gefällt-mir-Button von Facebook von Bedeutung sein. Die Zahl derjenigen, die sich in Deutschland freiwillig engagieren, sei in den letzten Jahren gestiegen. Allein in den evangelischen Landeskirchen seien mehr als eine Million Menschen ehrenamtlich tätig.
Landesbischof Christoph Meyns erinnerte in seiner Andacht an die Seligpreisungen aus der biblischen Bergpredigt Jesu. Sie seien ein Grundgesetz des christlichen Glaubens und böten Zuspruch für Leidende, Hungernde und Verfolgte, für Gerechtigkeitssuchende und Friedensstifter. "Mit den Seligpreisungen ist alles gesagt, was dieser Tage zu sagen ist zum Anschlag in Hanau und anderen Mordtaten." Auch gegenüber Menschen, die gegen Minderheiten hetzten, nationalistisches und völkisches Gedankengut verträten, frauenfeindliche Parolen verbreiteten oder darüber diskutierten, ob es richtig sei, Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten, sagten sie alles.