Goslar. In der Marktkirchenbibliothek in Goslar ist ein Dokument gefunden worden, das in der Reformationsforschung bisher unbekannt war: ein gedrucktes Plakat aus dem Jahr 1516, das für den Ablass zugunsten des Petersdoms in Rom wirbt. Es war als Altpapier in Bucheinbänden verklebt worden, wobei die textlose Rückseite des Drucks nach außen zeigte. Erst nachdem das Papier in der Restaurationswerkstatt der Herzog August Bibliothek (Wolfenbüttel) von den Holzdeckeln des Einbandes abgelöst worden war, zeigte sich die Bedeutung des Fundes.
Wie der Reutlinger Reformationsforscher Ulrich Bubenheimer herausfand, fasst das Werbeplakat in lateinischer Sprache die in der Ablassbulle von Papst Leo X. gewährten „Gnaden“ zusammen, an denen die Erwerber von Ablassbriefen teilhaben sollten. Es war genau diese Ablassbulle, die Martin Luther 1517 dazu bewog, seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel zu veröffentlichen. Dass ein Werbeplakat für den Ablass bereits nach kurzer Zeit als Altpapier verwendet wurde, sei ein Indiz dafür, dass Luther mit seiner Ablass-Kritik erfolgreich gewesen sei, sagte Bubenheimer am 1. Dezember vor der Presse in Goslar.
Der Reformator habe seine Thesen nicht nur in Wittenberg ausgehängt, sondern diese auch an Albrecht von Brandenburg geschickt, Erzbischof von Magdeburg und Mainz sowie Bischof von Halberstadt. Er forderte Albrecht auf, die Ablasskampagne aufzuheben. Luther kritisierte die Vorstellung, der Mensch werde durch die Ablass-gnade mit Gott versöhnt. Stattdessen betonte er, der Mensch werde vor Gott gerecht ohne gute Werke, allein aus Gottes Gnade.
Wie Bubenheimer erklärte, sei der Ablass ein „heiliges Geschäft“ gewesen. Papst Leo X. habe Albrecht das Erzbistum Mainz verliehen und dafür 30.000 Gulden ver-langt. Diese Summe habe Albrecht beim Bankhaus Fugger leihen müssen. Der Ab-lass sollte einerseits dazu dienen, den Kredit an das Bankhaus zurückzuzahlen und andererseits, den Neubau des Petersdoms in Rom zu unterstützen.
Für Heike Pöppelmann, Direktorin des Braunschweigischen Landesmuseums, ist das Fundstück ein weltweit einzigartiges Dokument. Sie freue sich, dass es Teil der Reformationsausstellung „Im Aufbruch“ sei, die ab Mai 2017 in Braunschweig gezeigt werde, sagte sie ebenfalls am 1. Dezember in Goslar.